Unpfändbarkeit der Energiepreispauschale (EPP)

Der Gesetzgeber hat es in §§ 112 ff. EStG versäumt, die Unpfändbarkeit der Energiepreispauschale zu regeln. Infolge dessen ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt sehen bzw. die sich im Insolvenzverfahren befinden, aber zugleich auch für Gläubiger, Drittschuldner (Arbeitgeber) und Insolvenzverwalter unklar, ob die EPP der Pfändung unterliegt oder nicht.

U.a. haben das Amtsgericht Norderstedt (Beschluss vom 15.09.2022 – 66 IN 90/19) und das Amtsgericht Aschaffenburg (Beschluss vom 07.11.2022 – 654 IK 298/21) den Standpunkt eingenommen, dass die EPP als Steuererstattung im eröffneten Insolvenzverfahren der Pfändung unterliegt. Motive des Gesetzgebers, dass die EPP unpfändbar sein soll, seien nicht erkennbar. Der Beschluss des Amtsgerichts Norderstedt enthält keine Ausführungen dazu, in welcher Höhe die EPP pfändbar sein soll. Konsequenterweise fände dann die Pfändungstabelle keine Anwendung (da kein Arbeitsentgelt) und auch der Steuerabzug auf die EPP wäre bei der Berechnung des pfändbaren Anteils unbeachtlich. Diese Folgewirkungen verdeutlichen bereits, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Norderstedt im Ergebnis problematisch ist.

Nunmehr hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz Gesetz
zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und
Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs vom 07.11.2022 in § 4 Abs. 2 RentEPPG bzw. § 3 Abs. 2 VEPPGewG (BGBl. 2022 Teil I, Seite 1985, veröffentlicht am 11.11.2022) für die EPP der Rentner und Versogungsempfänger die Unpfändbarkeit im Gesetz verankert und damit zum Ausdruck gebracht, dass die EPP nicht pfändbar sein soll. Diese Wertung ist wohl auch auf die EPP nach §§ 112 ff. EStG zu übertragen, da unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG eine andere Bewertung schlechterdings nicht vertretbar sein dürfte. Soweit das Amtsgericht Aschaffenburg in seinem Beschluss vom 07.11.2022 meint, die ausdrückliche Regelung der Unpfändbarkeit im RentEPPG und VEPPGewG führe im Umkehrschluss zur Pfändbarkeit der EPP nach §§ 112 ff. EStG überzeugt nicht. Vielmehr dürfte es sich um eine Klarstellung des Gesetzgebers und nicht um eine bewusste abweichende Regelung handeln.

Eine am Sinn und Zweck der EPP ausgerichtete Wertung hatte auch das Amtsgericht Köln (Beschluss vom 02.11.2022 – 70h IK 181/22) vorgenommen und dem Schuldner die EPP belassen.

Der Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2022 zwischenzeitlich auch § 122 EStG um einen Satz 2 ergänzt (vgl. Art 1 Nr. 2 JStG 2022, BGBl. 2022 Teil I, Seite 2294 bzw. BTDrs. 20/4729, Seite 134 f.). Damit ist die Unpfändbarkeit nunmehr auch gesetzlich geregelt. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht Hildesheim (Beschluss vom 30.12.2022 – 6 T 63/22) eine anderslautende Entscheidung des Amtsgerichts Gifhorn aufgehoben. Trotz der Klarstellung des Gesetzgebers gibt es auch Anfang 2023 immer noch Entscheidungen, die von einer Pfändbarkeit ausgehen. Hier sollte dringend geprüft werden, ob Betroffene in Beschwerde gehen.

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